Stiller Hunger

Hungernde Menschen sind nicht zwingend mager. Auch der Mangel an Vitaminen und Mineralien macht krank. Weil diese Form von Hunger weniger offensichtlich ist, wird von «verstecktem» oder «stillem» Hunger gesprochen.

Lebensmittel wie Mais, Reis oder Maniok machen zwar satt, doch sie enthalten nur wenige der wichtigen Mikronährstoffe: Ihre Kalorien sind «leer». Dieser Mangel an essenziellen Vitaminen und Mineralien betrifft vor allem besonders verletzliche Gruppen in unserer Gesellschaft: kleine Kinder, Frauen im gebärfähigen Alter, ältere und chronisch kranke Menschen. Diese Art von Hunger zeigt sich nicht sofort, hat aber tiefgreifende und langfristige Auswirkungen auf die Gesundheit und Entwicklung: eine stille Krise.

Versteckter Hunger: die unsichtbare Krise

Die Hungerkrise ist ein zunehmend drängendes Problem. 2023 waren weltweit 733 Millionen Menschen von Hunger betroffen. Alle dreizehn Sekunden stirbt ein Kind, weil es nicht genug zu essen hat. Doch neben einem offensichtlichen Mangel an Lebensmitteln hat die Hungerkrise auch ein weniger bekanntes Gesicht: den sogenannten versteckten Hunger. Hier ist nicht die Menge der Nahrung das Problem, sondern ihre Qualität.

Der tägliche Bedarf an Kilokalorien wird gedeckt, jedoch enthält diese Ernährung kaum Proteine, Vitamine oder Mineralstoffe. Diese Art von Hunger ist, auch im Globalen Norden, sehr weit verbreitet: 2022 konnten sich mehr als drei Milliarden Menschen keine gesunde Nahrung leisten. [1] Besonders betroffen vom versteckten Hunger sind kleine Kinder, Frauen im gebärfähigen Alter und ältere und chronisch kranke Menschen.

Während die Herausforderungen des offensichtlichen Hungers weitgehend bekannt sind, bleibt der versteckte Hunger hingegen oft unbemerkt. Dabei erfordert gerade er dringend unsere Aufmerksamkeit: Er kann gravierende Folgen auf Entwicklung und Gesundheit haben.

Ursachen und Folgen des versteckten Hungers

Der versteckte Hunger tritt häufig in Regionen auf, in denen die Ernährung hauptsächlich stärkehaltige Grundnahrungsmittel wie Reis, Mais oder Weizen enthält. Diese sind reich an Kohlenhydraten und versorgen kurzfristig mit Energie, liefern im Vergleich zu Gemüse, Früchten oder tierischen Produkten aber nicht genügend essenzielle Mikronährstoffe. Ernährt man sich zu einseitig, kann der Körper Vitamine und Mineralien nicht richtig aufnehmen.

Die Folgen von verstecktem Hunger sind schwerwiegend: Eisenmangel und damit verknüpfte Blutarmut in der Kindheit beeinträchtigen die geistige und motorische Entwicklung. Ein Mangel an Folsäure während der Schwangerschaft kann zu einer Fehlbildung der Wirbelsäule beim Kind führen. Vitamin-A-Mangel schwächt das Sehvermögen und das Immunsystem. Zu wenig Zink hemmt das Wachstum und erhöht die Anfälligkeit für Infektionen. Diese Folgen wirken sich auf die Gesundheit und Entwicklungschancen ganzer Generationen aus.

Massnahmen zur Bekämpfung von verstecktem Hunger

Es braucht gezielte Massnahmen, um gegen versteckten Hunger vorzugehen. Dazu gehören die Förderung einer abwechslungsreichen Ernährung und die Anreicherung von Lebensmitteln mit Mikronährstoffen. Auch soll die Bevölkerung besser über ausgewogene und gesunde Ernährung aufgeklärt werden. Spezielle Programme für schwangere Frauen und Kinder können ebenfalls helfen, Mangelernährung zu bekämpfen. Ein weiterer wirksamer Ansatz ist die Unterstützung von Landwirtschaftsprojekten, die den Anbau nährstoffreicher und lokaler Pflanzen fördern. Solche Initiativen erhöhen die Nahrungsmittelvielfalt und den Zugang zu abwechslungsreichen, erschwinglichen, lokalen Lebensmitteln und vermindern somit Mangelernährung in der Bevölkerung.

[1] – Dies abgesehen von der Zahl der chronisch Hungernden. Quelle:  Welthungerhilfe (2024). Factsheet Hunger. Die häufigsten Fragen zum Thema (Stand 21.03.2024). Welthungerhilfe.