Mit Babybrei Mangelernährung bekämpfen – und Geld verdienen
Im Senegal stellen Frauen auf dem Land eigene Säuglingsnahrung her. Sie verbessert nicht nur die Gesundheit von Kleinkindern, sondern ist auch ein gefragtes Produkt auf den lokalen Märkten.
Text: Ralf Kaminski
Die „Soudure“ kommt zuverlässig jedes Jahr im Senegal: eine Periode von zwei bis vier Monaten, in der die letzte Ernte schon aufgebraucht und die nächste noch nicht bereit ist. In dieser Zeit können viele Menschen sich oft nur eine Mahlzeit am Tag leisten. Für Kleinkinder ist dies besonders fatal, denn Unterernährung beeinträchtigt ihre körperliche und geistige Entwicklung, was sich negativ auf ihr ganzes Leben auswirkt.
Die Partnerorganisationen von Fastenaktion im Senegal begleiten über 2200 Solidaritätsgruppen. Einige von diesen haben als Reaktion auf die Unterernährung ihrer Kleinkinder begonnen, eine spezielle Babynahrung zu produzieren.
Ein Rezept aus lokalen Produkten
„Die Idee entstand, weil in unseren Projekten die Kinder zwischen sechs Monaten und fünf Jahren jeden Monat gewogen werden“, erklärt Fatou Gueye, Co-Koordinatorin von Fastenaktion im Senegal. „Dadurch realisierte man das Ausmass der Unterernährung und suchte nach einer Lösung.“ Dabei konzentrierte man sich auf traditionelle Rezepte mit lokalen Produkten, die überall erhältlich sind. Das angereicherte Speisemehl besteht je nach Erntezeit aus anderen Getreidesorten (Hirse, Mais, Sorghum, Reis), Hülsenfrüchten wie Augenbohnen, Erdnüssen, Früchten, Gemüse wie Baobab oder Moringa sowie Salz und Zucker. Am Ende wird das Mehl mit Wasser angerührt und fertig ist die gesunde Babynahrung.
„Die Herstellung ist nicht kompliziert“, sagt Fatou Gueye, „benötigt aber gewisses Produktionsmaterial. Die Hauptarbeit besteht darin, das Getreide zu Pulver zu verarbeiten und zu rösten. Dann wird es mit den anderen Komponenten vermischt, wobei die Dosierungen eingehalten werden müssen.“ Die Solidaritätsgruppen, die das Mehl produzieren, arbeiten dafür mit lokalen Getreidemühlen zusammen. Inzwischen sind es bereits drei Partnerorganisationen von Fastenaktion, in deren Regionen diese Zusatznahrung hergestellt wird.
„Zu Beginn waren vor allem Mütter interessiert am Babymehl – weil es günstiger war als vergleichbare Produkte in Apotheken oder Supermärkten“, erzählt Fatou Gueye. „Und weil sie rasch realisierten, dass es sich positiv auf die Gesundheit ihrer Kinder auswirkt.“ Inzwischen konsumieren auch ältere Menschen und stillende Frauen die Nahrungsergänzung.
Offizielle Anerkennung angestrebt
Nebenbei wird damit auch der Konsum lokaler Produkte gefördert, und die Solidaritätsgruppen verdienen erfolgreich Geld damit. „Heute gibt es in jeder Gesundheitsstation eine Mehlverkaufsstelle, und die Gesundheitsbeauftragten der Gemeinden kümmern sich um die kontinuierliche Produktion“, sagt Fatou Gueye. „Auch weil sie bei der Überwachung des Wachstums der Kinder Veränderungen beobachten. Die Zahl der mässig und schwer Unternährten ist innerhalb nur eines Semesters deutlich zurückgegangen.“
Das Ziel ist nun, eine offizielle Anerkennung des nationalen Instituts für Lebensmitteltechnologie zu erhalten, dann könnte das Mehl auch in den grossen Supermärkten und Apotheken verkauft werden. Aber schon jetzt ermöglichen die zusätzlichen Einnahmen den Solidaritätsgruppen weitere Aktivitäten – unter anderem die Ausbildung von noch mehr Frauen in der Herstellung der Säuglingsnahrung.